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Pflanzen und KI. Rangordnung und Neujahrswunsch

Im letzten Monat des  Jahres 2023 mit seinen großen Umwälzungen und täglichen Schreckensnachrichten hatte ich mich auf der Suche nach etwas Anderem wieder einmal mit Pflanzen beschäftigt. Natürlich nur, um am Ende festzustellen, dass es kein von Allem losgelöstes Thema gibt. Auch dieses ist komplex, existenziell und sogar hochpolitisch. Eine gewisse Aktualität bekamen Pflanzen mit den Weihnachtsbäumen. Millionen gefällter Bäume in einer Zeit von sich zuspitzender Klimakatastrophe? Beim näheren Hinschauen kommt man auf viele Pros und Contras. Zu den neuen und überraschenden Erkenntnissen gehört dann, dass die Ökobilanz bei den künstlichen Bäumen meist sogar schlechter ist als bei den natürlichen, wenn diese regionale Bäume aus biologischen Baumschulen sind.

Aber hier geht es mir weder um Weihnachtsbäume noch um diesen Teil des Themas Pflanzen – ihre Nutzung durch uns – sondern um etwas Anderes: unsere selbstgegebene Hierarchie, die gefühlte Rangordnung  von ganz oben nach ganz unten.  Menschen, Tiere, Pflanzen. Die Dominanz des Menschen. Und das hochaktuelle Infragestellen dieser  Rangordnung  durch die Künstliche Intelligenz, genauer, die AGI oder gar ASI.

Der Mensch an der Spitze der Hierarchie?

Der Mensch hält sich ja für die Krone der Schöpfung, aber das ist er nur in dem Sinne, dass er die meisten Veränderungen in unserer Welt bewirkt hat. Etwa 9000 Jahre vor unserer Zeitrechung begann das Holozän – der Name heißt  “alles neu” –  in welchem es durch Klimawandel umwälzende Veränderungen im Tier- und Pflanzbereich gab; in den letzten Jahrhunderten griff der Mensch immer mehr ein, das Anthropozän ( “neu durch Menschen” ) wird ab dem 17. Jahrhundert oder auch erst im 20. gesehen. Eingreifend also wirkt der Mensch, alles beherrschend, aber ansonsten ist diese Hierarchie gar nicht so gut begründet:  viele Tiere sehen, hören, riechen besser als wir, sie sind muskelstärker und laufen schneller; und Pflanzen haben uns das Wichtigste überhaupt voraus: sie können meist ihre  Nahrung selbst herstellen, während wir alles zuführen müssen. Kein Grund also eigentlich für die Dominanz eines der Wesen in der Hierarchie, da keins Alles kann.

Pflanzen am Ende der Rangordnung.

Völlig unberechtigterweise stehen die Pflanzen in unserer selbstgeschaffenen Rangordnung ganz unten, trotz ihrer enormen Bedeutung für uns. Erst langsam mehren sich die Stimmen, die nicht nur ihre Bedeutung in Bezug auf  Vernutzung  wie bei Ernährung und Landwirtschaft hervorheben, sondern sich auch allgemeiner nach dem Status fragen, den wir den Pflanzen zuordnen. Innerhalb des großen Gebiets der Ethik entwickelt sich nach der Tierethik auch eine Pflanzenethik. Die Erkenntnis,  wieviel wir auch von Pflanzen lernen könnten, kommt schleppend. Zu  beobachten sind da beispielsweise die Überlebenstechniken Vernetzung und Kommunikation sowie ein perfektes Team Work!  Unterirdische Pilzgeflechte von Pflanzen, die dem Austausch von Nährstoffen dienen, wurden schon mit neuronalen Netzwerken verglichen. Symbiosen führen dazu, dass alte Bäume schwache kranke und junge mitversorgen und dass überlebenswichtige Stoffe als Vorrat gespeichert werden können.

KI und die Rangordung

Der britische Mathematiker Irving John Good hat 1965 in Oxford  eine Arbeit mit dem Titel “Spekulationen über die ersten superintelligente Maschinen” veröffentlicht,  in der steht, dass die erste superintelligente Maschine die letzte Errungenschaft des Menschen sein wird, weil sie aufgrund eben dieser Superintelligenz selbst neue bessere Maschinen bauen würde. Spekulation war der richtige Ausdruck, denn das war logisch, aber Science Fiction. Ein halbes Jahrhundert später sprechen wir intensiv und immer ernsthafter über AGI, die ‘Allgemeine Künstliche Intelligenz’ und sogar über ASI, die sich völlig selbständig machende Superintelligenz. Genauer: wir als Nicht-Experten  und Leser sprechen immer intensiver und die Wissenschaftler immer ernsthafter über dieses Thema. Weltweit geht es um die eine Frage, die alle umtreibt: nachdem wir  bisher KI als Werkzeug benutzten,  (ANI oder Artificial Narrow Intelligence) – welchen Einfluss können wir darauf haben, dass eine entstehende AGI, also eine KI mit dem Menschen ähnlichen kognitiven Fähigkeiten,  oder gar eine ASI, die uns nicht in Teilen, sondern in Allem überlegen ist, für uns positive Auswirkungen hat?

Neujahrswunsch 2024

Um uns zwischen Begeisterung und Ohnmacht zu bewegen, vor allem aber um uns nicht in einem Dauerzustand  gefühlter Bedrohung  durch eine möglicherweise bösartige Superintelligenz zu fühlen, brauchen wir auf jeden Fall mehr Verständnis und Beteiligung. Gegen Ängste hilft Informiertsein. Es erscheinen lohnende Arbeiten über die Ethik der Künstlichen Intelligenz. Da oft nicht einmal die Begriffe klar sind, werden Versuche von Klassifizierungen unternommen, wie kürzlich von Google Deep Mind.

Und was hat das alles mit den Pflanzen zu tun?

Es hat sehr viel mit unserer genannten Hierarchie zu tun, die im Augenblick vielleicht noch nicht unmittelbar bedroht, aber jedenfalls durch die AGI  und das Konzept der ASI in Frage  gestellt wird. Wäre dieser Punkt nicht eine Gelegenheit für uns, sie radikal zu hinterfragen? Diese Rangordnung im Sinne von Hackordnung endlich abzuschaffen und Symbiosen von Menschen, Tieren und Pflanzen als das Wesentliche zu begreifen? Zu lernen also grenzübergreifend voneinander und von schon vorhandenen Organisationsformen in unserer Tier-  und Pflanzenwelt? Das wäre dann ein Neujahrswunsch! Und die Pflänzchen, die sich im  Bild oben aus den Steinen ihren Weg bahnen, wären ein Symbol für Hoffnung.

 

Danke für Bild an Mabel Amber auf Pixabay

Literaturtipps

Angela Kallhoff: Prinzipien der Pflanzenethik

Stefan Mancuso: Die Pflanzen und ihre Rechte

Stefan Mancuso: Die unglaubliche Reise der Pflanzen

Überlebenskünstler

 

Sind Pflanzen Lebewesen?

In dieser Zeit, in der Menschen mit so vielen Problemen zu kämpfen haben, ausgerechnet über Pflanzen reden? Unbedingt, denn Menschen sind von Pflanzen unmittelbar abhängig. Nur Pflanzen produzieren Sauerstoff, den wir für unsere Atmung brauchen. Das Überleben von Tieren und Menschen ist vom Überleben der Pflanzen abhängig. Die Begrünung der Erde begann damit, dass eine Algenart sich vor 500 Millionen Jahren an das Land anpasste. Heute beschäftigen sich Universitäten damit,  die molekularen und morphologischen Prozesse von damals zu begreifen in der Hoffnung, dass wir mit diesem Wissen heute Pflanzen helfen können, sich besser an den Klimawandel anzupassen, der sie und uns bedroht.

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